A STORY OF LIGHT
Ich arbeite im Bereich der Kunstpraxis-basierten Lichtforschung. Hier gilt es konkrete Fragen und Probleme zu lösen. Naturbeobachtungen und deren
Hinterfragung sind ein wichtiger Teil meiner konzeptionellen Arbeiten.
Über Jahrhunderte und über alle Religionsgrenzen hinaus hat sich ein hoher Symbolcharakter erhalten.
„ Der Lichtmythos ist völlig zeitlos“
Licht ist nicht so sehr das was etwas offenbart - vielmehr ist es die Offenbarung selbst. Meine Arbeiten sollen einen Kontrapunkt zu unserer schnelllebigen Zeit setzen, anregen zum Verweilen, innezuhalten, sich selbst wahrzunehmen, in einer bewohnbaren Illusion in Harmonie mit sich und dem was man sieht. Unsere sinnliche Wahrnehmung, deren kulturelle, interkulturelle und individuelle Gewichtung ist ein Teil dieses Prozesses.
A Story of Light - ist eine Geschichte vom Licht. Jede der Arbeiten könnte anregen Ihre ganz eigene Geschichte zu verbalisieren. Man kann es auch wissenschaftlich betrachten: Was bedeutet Licht ? Licht ist eine Form der elektromagnetischen Strahlung. Trifft Licht auf Materie, so kann es gestreut, reflektiert, gebrochen und verlangsamt, oder absorbiert werden.
Bei meiner Technik geht es um Lichtbrechung und gleichzeitig Reflektion. Es ist Basis für meine kreative Arbeit. Auch wenn die Werke einen wissenschaftlichen Hintergrund besitzen verlieren sie nicht ihre Poesie. Lichtmeister vergangener Epochen wie Tiepolo, Monet und vor allem Turner flossen mit Ihren Erfahrungen in mein Werk ein.
Das Konzept der meisten Bilder entsteht sehr komplex. Meine Skizzenbücher sind Grundlage für jedes Bild. Es sind Studien abstrakter Vorarbeiten und das Festschreiben von Erlebnissen. Seit 1993 gibt es diese Skizzenbücher mit der Frage : Ermöglicht Kunst die sinnliche Erfahrung eines unfassbaren Moments? Es geht dabei um die Ergebnisoffene, direkte Auseinandersetzung mit dem Material, dem Ort und der Erlebniswelt. Mit diesen Erfahrungen und gewonnenen Erkenntnissen entsteht ein Erfahrungsraum der mich praxisorientiert weiterführt.
Auf diesem Weg, etwas mit den Mitteln der Malerei ins Bild zu setzen, um dem Motiv eine Tiefe, ein Vorher und Nachher zu geben - einen neuen Ein-und Ausblick zu schaffen und kraftgebende Stille zu erzeugen.
Helene B. Grossmann
Dr. Ralph Melcher, Helene B. Grossmann - Malerei des Lichts, Malerei der Essenz
Die Werke von Helene B. Grossmann erkunden malerisch das Thema Licht, und sie sind zugleich eine Manifestation des Malerischen. In ihren Werken gibt sie seit drei Jahrzehnten ihrer künstlerischen Vorstellung Ausdruck und hat zu einer höchst eigenständigen malerischen Sprache gefunden.
Ihre Arbeiten scheinen von innen heraus zu leuchten und verändern ihre Erscheinung auch in ihrer Farbigkeit je nach Intensität und Qualität des umgebenden Lichts. Zunächst dominant erscheinende Farbtöne schwächen sich bei Veränderung der Lichtverhältnisse ab, während andere Farbtöne stärker hervortreten. Dadurch gerät das Bild in Bewegung, ist gar permanent in Veränderung – in Wechselwirkung mit der jeweils individuellen Wahrnehmung und Stimmung des Betrachters – und zeigt ständig eine scheinbar neue Komposition.
Helene B. Grossmann arbeitet fast ausschließlich in Werkgruppen, die sich als Bearbeitung eines Themas oder einer Referenz (auf einen Künstler, eine Landschaft, eine Vorstellung etwa) verstehen. Dabei gibt es eine enge Verzahnung der einzelnen Werkgruppen, die sich durchdringen und durch Rückgriffe oder Wiederaufnahmen miteinander verbunden sind. So erscheint das Gesamtwerk auf den ersten Blick von einer großen Konsistenz, die über einen langen Zeitraum nur graduelle Wandlungen aufweist. Dieser große Gleichklang des Oeuvres resultiert aus einer sehr organischen Entwicklung, die nicht von einem langsamen Fortschreiten, sondern von der hohen Intensität zeugt, mit der die Künstlerin Farbe und Licht in der Malerei erforscht.
Betrachtet man die Werke von Helene B. Grossmann, so sind sie natürlich im weit überwiegenden Maße abstrakte Farbmalerei, virtuose Verwendung von Pigment, Oberfläche und Struktur. Diese Farbflächen wechseln zwischen opaker Oberfläche und subtiler Transparenz. Sie spielen mit dem Raum und seiner Öffnung, mit der Erscheinung von Dingen und Landschaften, die ungreifbar bleiben. Der Betrachter wähnt sich Erscheinungen und Bewegungen gegenüber, die er nie vollständig fassen kann. Die Farbe wird bei Helene B. Grossmann zum Lichtträger, und das Licht gibt, obwohl es physikalisch gesehen Materie ist, eine Idee des Immateriellen.
Es ist charakteristisch für die menschliche Perzeption, dass sie versucht, das Wahrgenommene zu interpretieren und in bereits Erfahrenes zu integrieren. Solche Gegenständlichkeit und Assoziativität, der Grossmann durchaus durch manche landschaftlich anmutende Darstellung oder die Bildtitel den Weg bereitet, ist natürlich legitim, aber sie spielt für ihre Malerei keine wichtige Rolle. Die Absenz der Figürlichkeit in diesen Bildern ist dennoch nie vollkommen abstrakt oder ungegenständlich. Grossmanns Malerei mag an Gegenständliches, Erfahrenes, dinghaft vorhandenes erinnern, sie „bedeutet“ es aber nicht.
Es ist eine Malerei der Essenz, insofern sie ein essentielles, ursprüngliches Erleben in der Wahrnehmung von Farbe und Licht befördert. Auf diese Weise ist der Geist bei sich, und es endet die Körperlichkeit, aus der die sinnliche Wahrnehmung entsteht: das Wahrnehmen ist das Sein.
Schon in den 1930er Jahren hat John Dewey festgestellt, dass Sinneseindruck und Denken im ästhetischen Wahrnehmen zusammenwirken: sie sind in dieser Hinsicht untrennbar. Dewey zufolge bindet der Betrachter seine eigene Gefühls-, Gedanken- und Erinnerungswelt in die aktuelle Erfahrung der Wahrnehmung eines Bildes mit ein. Diese vielschichtige Reaktion fordert Helene B. Grossmann mit ihrer Malerei aktiv ein. Sie schafft Bilder von so unglaublicher Sensibilität und nicht nur subjektiver Wandlungsfähigkeit, die den Betrachter zur Integration des Gesehenen in seine eigene ganzheitliche Empfindung einladen. Sie öffnen Türen der Wahrnehmung, durch die der Betrachter zugleich zu einer Wahrnehmung seiner selbst gelangt, so wie es die Malerin selbst formuliert hat: "Ich schaffe Assoziationen, und dann beginnt die Arbeit des Betrachters."
Dr. Ralph Melcher studierte Kunstgeschichte und Literaturwissenschaften. Er promovierte 1997.
Christoph Vitali
zu Helene B. Grossmann
Schon seit geraumer Zeit verfolge ich das Leben und Schaffen von Helene B. Grossmann mit der allergrößten Aufmerksamkeit und Bewunderung. Ich bin in den letzten Jahren zu allen ihren Ausstellungen gereist, nach Küssnacht an der Rigi, nach Basel und ganz kürzlich erst nach Zug.
Was ist es, das die Künstlerin so bedeutsam, so wichtig macht ? Fraglos ist es ihre großartige und atemberaubende Darstellung des Lichts. In zahllosen Bildern hat sie dieses Licht gemalt, in Grau, Rot und vor allem Blautönen, in kleinen und sehr grossen Formaten.
Mein Münchner Kollege und Freund, Raimund Thomas, vergleicht sie deshalb zu Recht mit Seurat, Tiepolo, Turner und Monet... Ich will noch weiter gehen. Helene B. Grossmann gelingt es immer wieder von Neuem, das Licht in ihre Malerei hineinzunehmen, es zum dominierenden Punkt zu machen. So stehen wir dann ergriffen vor ihrem Werk und staunen immer wieder aufs Neue über ihre bedeutsame Kraft.
Das Curriculum Vitae der Künstlerin zeigt, an wie vielen wichtigen Ausstellungen in Deutschland und in der Schweiz sie schon teilgenommen hat. Möge sie so weiterfahren und uns lange erhalten bleiben.
Dies wünsche ich ihrund uns von ganzem Herzen.
Christoph Vitali ist ein schweizerischer Ausstellungskurator, Museumsdirektor und Kunstautor. Von 1995-1993 war er Direktor der Kunsthalle Schirn. 1994 wechselte er als Direktor an das Haus der Kunst in München (bis 2004) 2004 wurde er Direktor der Foundation Beyeler in Riehen/Basel. 2008 ging er als Direktor der Kunst-und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland nach Bonn. Christoph Vitali lebte in Zürich.
Raimund Thomas zu Helene B. Grossmann
Bilder anzusehen , sind wir gewohnt, aber Helene B. Grossmann`s Bilder anzusehen, ist ein Erlebnis völlig anderer Art. Bereits seit dem allererstenBlickkontakt vergisst der Betrachtende seine Position des Beobachters. Er wird augenblicklich tief im Inneren berührt und magisch in die tiefe, beglückende und lichterfüllte Unendlichkeit hinein-oder besser noch hinausgenommen.
„Und meine Seele spannte weit
ihre Flügel aus
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.“
So sagte es Eichendorff in dem Gedicht Mondnacht. Zweifellos hat er solche Bilder mit seiner intuitiven Wahrnehmung gesehen. Wenn ich mich als Betrachter dann doch wieder zurückhole, sehe ich Wolken, vielleicht Wasser und Nebel, auf alle Fälle eine Ahnung einer Landschaft, die aber sofort wieder zur Basiserscheinung wird, im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Was erneut und umso mehr gefangen nimmt, ist das zentrale Licht, teils gebündelt und blendend, teils gestreut und hindurchscheinend.
Wahrhaftig! Helene B. Grossmann gelingt es, Licht zu malen, dieses unfassbare, nicht zu materialisierende, flüchtige und doch so kraftvolle Fluidum. Licht ! Was für ein Thema ! Also nicht das Licht von Rembrandt oder Georges de la Tour. Es geht hier nicht um einen Lampenschein. Es geht um diese letzte Essenz im tiefen Sein, der sich Seurat in seinen Schwarz.Weiß-Zeichnungen genähert hat, oder wie sie bei einigen wenigen der ganz Großen der europäischen Malkultur so faszinierend formuliert werden konnte, ich meine Tiepolo, ich meine Turner und Monet.
Wie viele Maler ringen seit Beginn des 20. Jahrhunderts darum, reine Farbe ohne die Zwangsjacke der Form darzustellen. Mir ist niemand bekannt, der es gewagt hätte, das noch weitaus flüchtigere und weit dahinter liegende Medium Licht über den Weg des Malens zum Betrachter bringen zu wollen, ja, wie eingangs schon gesagt, ihn selbst ins Licht mit hineinzunehmen und zu erhellen. Das geht nur vor dem Hintergrund einer intuitiven Schau, einer ehrlichen Bescheidenheit, einer eruptiven Kraft und eines gereiften Könnens.
Raimund Thomas ist ein deutscher Galerist und Kunsthändler für moderne und zeitgenössische Kunst in München
Helene B. Grossmann
Über die Werke der in Dresden geborenen Künstlerin HELENE B. GROSSMANN verbal einen Eindruck vermitteln zu wollen, ist, gelinde gesagt, vermessen. Auch eine Abbildung ist nicht wirklich hilfreich, weil sie nicht vermitteln kann, was nach ca. 10 Sekunden des Betrachtens eines Bildes geschieht – mit dem Bild und mit dem Betrachter.
Seit über 40 Jahren hat sich diese Künstlerin malerisch dem Faszinosum „Licht“ verschrieben. Es geht dabei nicht um die Leuchtkraft einer einzelnen Farbe und auch nicht um die Beleuchtung von Dingen – es geht um das reinste, nicht zu materialisierende, unfassbare und sich in ständiger Bewegung befindende Wesen des Mediums Licht. Helene B. Grossmann steht dabei in bester Tradition und Kommunikation mit Malern wie Tiepolo, Caspar David Friedrich, Turner oder Monet. Ihre persönliche Leistung im Vergleich zu diesen großen „Lichtmalern“ besteht in der völligen Loslösung vom Gegenstand und dessen Wiedererkennungswert – diesbezüglich also eher Rothko nahe.
Die Assoziationen Richtung Landschaft, Wolken, Wasser, Nebel, Horizont kommen natürlich auf, werden aber relativ schnell aufgrund der einsetzenden tieferen Erkenntnis nicht bedeutungslos, aber nebensächlich.
Ein Werk der Künstlerin zu betrachten bedeutet ein Erlebnis der besonderen Art: durch die spezielle Maltechnik, bei der u.a. bis zu 180 Acrylschichten übereinander gelegt werden, scheint sich das Licht zu bewegen, zu pulsieren, sich über das Leinwandformat hinaus auszubreiten. Bei wechselnden Lichtverhältnissen im Raum verändert sich die gesamte Aura des Bildes, gewinnen plötzlich tiefer liegende Malschichten an Einfluß. Nachts, wenn jede Lichtquelle ausgeschaltet ist, sieht man keine Farben mehr, aber das Bild „scheint“ immer noch.
Die Assoziationen und Deutungen gehen bei dieser Art von Malerei in die verschiedensten Richtungen, da dem Thema „Licht“ in physischer wie metaphysicher Hinsicht eine enorme Empfindungs-und Symbolkraft innewohnt.
Große Worte sollen hier nicht überstrapaziert werden, aber in den Werken von HELENE B. GROSSMANN findet man eine bildliche Entsprechung von „Glaube, Liebe, Hoffnung“. Losgelöst von jeglicher institutioneller oder konfessioneller Zugehörigkeit schwingen in ihren Werken die großen Fragestellungen nach Ziel und Sinn des Lebens, nach Inhalten, Freiheit, Kraft, Schicksal, Vertrauen, Geborgenheit, Zugehörigkeit und Authentizität. Fragen, die seit Jahrhunderten gestellt werden und ihre Antworten immer wieder neu einfordern. Die Kunst von HELENE B. GROSSMANN ist eine davon.
Sybille Nütt, Galerie Sybille Nütt / Dresden