Literatur / Literature , eine Auswahl
Die Kunst von Helene B. Grossmann gehört zu den meditativen Formen der künstlerischen Betrachtung .Die Welt der Künstlerin pulsiert wie Ein -und Ausatmen, was die Grenze zwischen der Kunst und dem Raum der Realität durchbricht.
Sie ist in der Lage, sich den natürlichen Prozessen des Lebens weit zu öffnen und sie dann aufs Neue in einem mächtigen Gravitationsfeld zu konzentrieren. Helene Grossmann öffnet neue Perspektiven in den ökologischen Raum, in dem sie in ihrer Kunst die energetischen Phänomene von Yves Klein und die minimalistischen Strukturen der musikalischen Technologien von John Cage integriert.
Ihre künstlerische Vision ist natürlich und organisch, aber der intellektuelle Diskurs verlässt nicht die innere Dimension ihrer metaphysischen Systeme.
Vitaly V. Patsiukov Malewitsch Foundation
Bildband "Share the Light", Verlag Hirmer, 2017
mit Texten von
Christoph Vitali zu Helene B. Grossmann (Auszug)
Schon seit geraumer Zeit verfolge ich das Leben und Schaffen
von Helene B. Grossmann mit der allergrößten Aufmerksamkeit
und Bewunderung. Ich bin in den letzten Jahren zu allen ihren
Ausstellungen gereist, nach Küssnacht an der Rigi, nach Basel
und ganz kürzlich erst nach Zug.
Was ist es, das die Künstlerin so bedeutsam, so wichtig macht ?
Fraglos ist es ihre großartige und atemberaubende Darstellung
des Lichts. In zahllosen Bildern hat sie dieses Licht gemalt, in
Grau, Rot und vor allem Blautönen, in kleinen und sehr grossen
Formaten.
Mein Münchner Kollege und Freund, Raimund Thomas, vergleicht sie
deshalb zu Recht mit Seurat, Tiepolo, Turner und Monet... Ich will
noch weiter gehen. Helene B. Grossmann gelingt es immer wieder
von Neuem, das Licht in ihre Malerei hineinzunehmen, es zum domi-
nierenden Punkt zu machen. So stehen wir dann ergriffen vor ihrem
Werk und staunen immer wieder aufs Neue über ihre bedeutsame
Kraft.
Raimund Thomas zu Helene B. Grossmann
Bilder anzusehen , sind wir gewohnt, aber Helene B. Grossmann`s
Bilder anzusehen, ist ein Erlebnis völlig anderer Art. Bereits seit dem
allererstenBlickkontakt vergisst der Betrachtende seine Position des
Beobachters. Er wird augenblicklich tief im Inneren berührt und
magisch in die tiefe, beglückende und lichterfüllte Unendlichkeit
hinein-oder besser noch hinausgenommen.
Und meine Seele spannte
wie ihre Flügel aus
flog durch die stillen Lande,
als flöge sie nach Haus.
So sagte es Eichendorff in dem Gedicht Mondnacht. Zweifellos hat
er solche Bilder mit seiner intuitiven Wahrnehmung gesehen.
Wenn ich mich als Betrachter dann doch wieder zurückhole, sehe
ich Wolken, vielleicht Wasser und Nebel, auf alle Fälle eine Ahnung
einer Landschaft, die ab sofort wieder zur Basiserscheinung wird,
im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Was erneut und umso mehr
gefangen nimmt, ist das zentrale Licht, teils gebündelt und blendend,
teils gestreut und hindurchscheinend.
Wahrhaftig! Helene B. Grossmann gelingt es, Licht zu malen, dieses
unfassbare, nicht zu materialisierende, flüchtige und doch so kraftvolle
Fluidum. Licht ! Was für ein Thema !
Also nicht das Licht von Rembrandt oder Georges de la Tour.
Es geht hier nicht um einen Lampenschein. Es geht um diese letzte
Essenz im tiefen Sein, der sich Seurat in seinen Schwarz.Weiß-Zeich-
nungen genähert hat, oder wie sie bei einigen wenigen der ganz Großen
der europäischen Malkultur so faszinierend formuliert werden konnte,
ich meine Tiepolo, ich meine Turner und Monet.
Wie viele Maler ringen seit Beginn des 20. Jahrhunderts darum,
reine Farbe ohne die Zwangsjacke der Form darzustellen.
Mir ist niemand bekannt, der es gewagt hätte, das noch weitaus
flüchtigere und weit dahinter liegende Medium Licht über den Weg
des Malens zum Betrachter bringen zu wollen, ja, wie eingangs schon
gesagt, ihn selbst ins Licht mit hineinzunehmen und zu erhellen.
Das geht nur vor dem Hintergrund einer intuitiven Schau, einer
ehrlichen Bescheidenheit, einer eruptiven Kraft und eines
gereiften Könnens.